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Sonntag, 3. November 2024 · 18.00 Uhr · Jugendhaus St. Anna · Holnsteinallee 20 · 85402 Thalhausen

ABENDMUSIK IN ST. ANNA

Friederike Heumann · Viola da gamba

Fantasien von Johann Sebastian Bach, Georg Philipp Telemann, Sieur de Sainte-Colombe, Carl Friedrich Abel

Eintritt frei · Spenden willkommen

Fantaisies pour la basse de violle

Merkwürdig ist in der Geschichte der Musik, daß sein [Carl Friedrich Abels] Instrument mit ihm, im Jahr 1787 ganz in Vergessenheit begraben worden ist: die vor hundert Jahren so unentbehrliche Gambe, ohne welche weder Kirchen= noch Kammermusik besetzt werden konnte, die in allen öffentlichen und Privatkonzerten das ausschließende Recht hatte, sich vom Anfange bis zum Ende, vor allen andern Instrumenten, hören zu lassen; weswegen sie …, gleich den Schachteln, satzweise, in allen Formaten, groß und klein, verfertigt werden mussten..

Zum Glück hat sich Ernst Ludwig Gerbers Prophezeiung in seinem Lexikon der Tonkünstler (1792) nicht bewahrheitet!

Als Carl Friedrich Abel, der letzte große Gambenvirtuose seiner Zeit, 1787 starb, schrieben die englischen Zeitungen: „Mr. Abel died and with him his instrument“. Die Faszination seiner Musik besteht im Dialog des Alten mit dem Neuen: Die Viola da gamba, aristokratisches Instrument des Barock, spricht hier die Sprache der musikalischen Erneuerung, der Empfindsamkeit: Sie vermag Emotionen auszudrücken und zu erwecken, sie kann Empfindungen in Musik umsetzen und den Menschen unmittelbar berühren. Es geht nicht mehr um die distanzierte Schilderung von Affekten (wie noch bei den Komponisten der Barockzeit), sondern um die unmittelbare Übertragung von Gefühlen in Musik – und von der Musikerin auf den Hörer. Abel nutzt dazu alle Register und Möglichkeiten der Viola da gamba; Akkordbrechungen und mehrstimmige Passagen kontrastieren mit elegischen Melodien, Virtuosität mit Einfachheit, leidenschaftlicher Affekt und “Raserey” mit „Tröstlicher Meditation“.

Georg Philipp Telemanns genialer Coup besteht darin, in seinen Fantaisies pour la basse de violle für das zum Zeitpunkt der Komposition allmählich altmodisch werdende Instrument auf den kontrapunktischen alten Stil zurückzugreifen: auf die Polyphonie der Consortmusik, bzw. die Musik für Laute und Lyra viol. Sogar chromatische Skalen baut er ein, bereitet das Ganze aber im Zeitgeschmack des galanten Stils auf und bricht die musikalische Form in einen freien quasi improvisierten Stil.

In der reichen Geschichte der französischen Musik für Viola da gamba im 17. Jahrhundert finden wir einerseits das akkordische Spiel in der Tradition der englischen Musik für Laute und für Lyra viol wieder – das „Jeu d´harmonie“, aber auch das „Jeu de melodie“ im italienischen Geschmack – mit dem höchsten und nobelsten Ziel die menschliche Stimme nachzuahmen. Das Ideal war eine ausgewogene Balance zwischen beiden Spielarten, in der sich Melodie und begleitende Akkorde – in den Registern hin- und herwechselnd – gegenseitig bereichern.

Diese Suche nach der perfekten Balance zwischen Melodie und Harmonie, bis zu ihrer vollkommenen und höchsten Konzentration, finden wir am Ende des Programmes wieder, in einem einzigen Prélude von Johann Sebastian Bach.

Über das Leben des Sieur de Sainte Colombe ist nur sehr wenig bekannt, nicht einmal sein Vorname, die Lebensdaten können nur ungefähr festgelegt werden. Vermutlich wirkte er in Paris. Im Zeugnis seiner Zeitgenossen und Schüler wird er als überragender Virtuose der „Basse de Viole“ gerühmt, der in der Spieltechnik und Bauweise wesentliche Neuerungen einführte und den Geschmack und die Ästhetik entscheidend prägte.

Jean Rousseau veröffentlichte 1687 sein ”Traité de la Viole”, das er seinem Meister Sainte Colombe widmet. Er schreibt darin:

„ …C´est de luy en particulier que nous tenons ce beau port de main, qui a donné la derniere perfection à la Viole, (…) & à la faveur duquel elle imite tous les beaux agréments de la Voix, qui est l´unique modelle de tous les Instruments…“

Johann Sebastian Bachs Prélude mit seiner perfekten Balance zwischen polyphoner Spielweise der Lautenmusik und den melodischen Möglichkeiten des Violoncello (das in dieser Suite ähnlich der Viola da gamba gestimmt wird, nämlich skordiert mit einer Oberquart) erscheint wie eine konsequente Weiterführung der Tradition der Gambisten-Komponisten. Es bietet sich daher für eine Bearbeitung für Viola da gamba geradezu an: meine Transkription ist eine Synthese aus zwei Originalquellen Bachs für Laute bzw. Violoncello.

Friederike Heumann studierte Viola da gamba an der Schola Cantorum Basiliensis bei Jordi Savall und Paolo Pandolfo. Sie schloss ihre Ausbildung mit einem Solistendiplom für Alte Musik ab. Anschließend war sie Stipendiatin an der Cité Internationale des Arts in Paris und lebte dort mehrere Jahre als freischaffende Musikerin. Als Solistin und als Gast von Ensembles wie Hesperion XXI und Le Concert des Nations (Jordi Savall), Lucerne Festival Orchestra (Claudio Abbado), Royal Concertgebouw Orchestra, Montréal Symphony Orchestra (Kent Nagano), Bayerische Staatsoper München, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Berliner Barocksolisten u.v.a. ist sie in ganz Europa, Kanada, Brasilien, Japan, den USA und Israel zu hören.

Mit ihrem Ensemble Stylus Phantasticus ist sie Gast vieler internationaler Festivals.

​Unter Friederike Heumanns künstlerischer Leitung erschienen bei Alpha und Accent diverse solistische und kammermusikalische CD-Aufnahmen, die von der internationalen Kritik mit großer Begeisterung und vielen Auszeichnungen aufgenommen wurden.

Friederike Heumann unterrichtet Viola da gamba und Consort an den Hochschulen für Musik in München und Würzburg, sowie auf zahlreichen internationalen Meisterkursen. Seit 2020 ist sie Professorin für Historische Streicherkammermusik und Viola da gamba an der Hochschule für Musik Würzburg.

www.friederikeheumann.com

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Samstag, 7. September 2024 · Allerheiligen-Hofkirche, Residenz München · 17.00 Uhr

TEASERKONZERT: Residenzwoche für Alle!

Bayerisches Jugend-Barockorchester • Joven Orquesta Barroca de Sevilla

Bayerisches Jugend-Barockorchester

Joven Orquesta Barroca de Sevilla

Im Anschluss an eine Begegnungswoche wollen 40 Jugendliche des Bayerischen Jugend-Barockorchesters (BayJuBa) und des Joven Orquesta Barroca de Sevilla (JOBS) mit viel Entdeckungslust und Spielfreude auf die Konzerte der Residenzwoche neugierig machen – ganz besonders auf das Orquesta Barroca de Sevilla mit Friederike Heumann am 12. Oktober im Kaisersaal. Gespielt wird Georg Philipp Telemanns „Burlesque de Quixotte“, Johann Bernhard Bachs Ouverture in D-Dur, Jean-Baptiste Lully und andere.

Der Eintritt ist frei – Einlasskarten sind ab 16.15 Uhr beim Eingang der Kirche erhältlich (Zugang über Alfons-Goppel-Straße). Mit freundlicher Unterstützung des Instituto Cervantes München.

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Samstag, 12. Oktober 2024 · Kaisersaal, Residenz München · 20.00 Uhr

La Viola da Gamba concertata – Concerti von Georg Philipp Telemann und Giuseppe Tartini

Orquesta Barroca de Sevilla • Friederike Heumann, Viola da gamba und Leitung

Orchesta Barocca de Sevilla

Friederike Heumann

Barockmusik im spannungsgeladenen Wettstreit und Dialog: Französischer und italienischer Stil standen im Barock für unvereinbare Gegensätze. Georg Philipp Telemann wusste als Brückenbauer das Beste beider Welten in seiner Musik zu vereinen und trug maßgeblich zur Entstehung des „vermischten Geschmacks“ bei. Giuseppe Tartinis Concerto per Viola da gamba ist mit ausdrucksvoll gesanglicher Melodik vom großen Vorbild Arcangelo Corelli geprägt und steht zugleich für den Aufbruch in einen virtuosen vorklassischen Stil. Einführungsveranstaltung am Freitag, den 11. Oktober um 18.30 Uhr, im Instituto Cervantes.

Karten zu € 75,– / 59,– / 39,– / 29,– (U30: 10,–)
Mit freundlicher Unterstützung des Instituto Cervantes München